Wer in den ersten Wochen eines neuen Jahres nach Valencia reist, bekommt die Vorbereitungen auf das größte Fest der Stadt bereits mit. Während die Weihnachtsdekoration verschwindet, bleibt es auf den Straßen festlich geschmückt. Denn die Fallas stehen an – was ab Februar auch an den Einheimischen in traditionellen Kostümen zu erkennen und vor allem auch zu hören ist. Ab dem 1. März ist dem traditionellen Fest dann kein Entkommen mehr, was am täglichen Feuerwerk liegt.
Das Fallas-Fest ist eines der bedeutendsten kulturellen Ereignisse der Stadt. Die Fallas, die vom 15. bis 19. März ihren Höhepunkt erreichen, sind nicht nur ein Fest für die Sinne, sondern auch ein tief verwurzelter Ausdruck der valencianischen Identität und Tradition.
Geschichte und Entwicklung der Fallas
Die Ursprünge der Fallas reichen bis ins Mittelalter zurück. Was einst als einfache Tradition der Zimmerleute begann, alte Holzstücke zu verbrennen, um den Frühling zu begrüßen, hat sich zu einem Fest entwickelt, das 2016 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt wurde.
Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Fallas zu einer Plattform für künstlerischen Ausdruck und sozialen Kommentar entwickelt. Die einfachen Holzfiguren wurden zu aufwendigen Skulpturen, den sogenannten „ninots“, die aktuelle Themen und Persönlichkeiten satirisch darstellen.
Die Fallas-Monumente
Das Herzstück der Fallas sind die monumentalen Skulpturen, die in den Straßen und auf den Plätzen Valencias errichtet werden. Jedes Jahr werden etwa 800 dieser Kunstwerke an 400 Standorten in der Stadt aufgestellt. Diese „fallas“ genannten Monumente sind das Ergebnis monatelanger Arbeit von spezialisierten Künstlern und Handwerkern.
Die Fallas-Monumente folgen oft einem bestimmten Thema und bestehen aus zahlreichen Einzelskulpturen oder Skulpturengruppen. Sie stellen häufig bekannte Persönlichkeiten dar oder üben Kritik an aktuellen Ereignissen, immer mit einer großen Portion Humor und Satire.
Feuerwerk und Pyrotechnik
Ein wesentlicher Bestandteil der Fallas ist die Pyrotechnik. Vom 1. bis zum 19. März findet täglich um 14 Uhr die „Mascletà“ auf dem Rathausplatz statt. Dabei handelt es sich um ein spektakuläres Feuerwerk, das mehr auf Rhythmus und Lautstärke als auf visuelle Effekte setzt.
Die „Mascletà“ ist eine einzigartige valencianische Tradition. Sie beginnt leise und steigert sich allmählich in Lautstärke und Intensität, bis sie in einem ohrenbetäubenden Finale gipfelt, das die ganze Stadt erzittern lässt.
Neben der täglichen „Mascletà“ gibt es weitere pyrotechnische Höhepunkte während der Fallas. Dazu gehört die „Nit del Foc“ (Nacht des Feuers) am 18. März, bei der ein beeindruckendes Feuerwerk den Nachthimmel über Valencia erhellt.
Die Fallas-Vereine und ihre Bedeutung
Die Organisation der Fallas liegt in den Händen von über 350 „comisiones falleras“, Vereinen, die in den verschiedenen Stadtvierteln Valencias ansässig sind. Diese Vereine spielen eine zentrale Rolle im sozialen Leben der Stadt und tragen zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls bei.
Die Fallas-Vereine wählen jedes Jahr eine „Fallera Mayor“ und eine „Fallera Mayor Infantil“, die ihre Gemeinschaft während der Festlichkeiten repräsentieren. Aus diesen wird dann die „Fallera Mayor de Valencia“ und die „Fallera Mayor Infantil de Valencia“ gewählt, eine große Ehre, die mit vielen Verantwortlichkeiten verbunden ist.
Parallelen zum deutschen Karneval
Obwohl die Fallas in Valencia und der Karneval in Deutschland unterschiedliche historische Wurzeln haben, lassen sich einige interessante Parallelen ziehen:
- Zeitlicher Rahmen: Beide Feste finden traditionell vor der christlichen Fastenzeit statt, wobei die Fallas etwas später im Jahr liegen.
- Satirischer Charakter: Sowohl die Fallas als auch der Karneval nutzen Humor und Satire, um gesellschaftliche und politische Themen zu kommentieren.
- Umzüge und Prozessionen: In beiden Festen spielen Umzüge eine wichtige Rolle. Bei den Fallas gibt es die „Ofrenda“, eine Blumenprozession zu Ehren der Schutzpatronin, während im Karneval Rosenmontagsumzüge stattfinden.
- Vereine und Gemeinschaft: Sowohl die Fallas-Vereine als auch die Karnevalsvereine in Deutschland sind das ganze Jahr über aktiv und tragen zum sozialen Zusammenhalt bei.
- Kostüme und Traditionen: Während beim Karneval das Verkleiden im Vordergrund steht, tragen bei den Fallas viele Teilnehmer traditionelle valencianische Trachten.
- Wirtschaftliche Bedeutung: Beide Feste haben einen erheblichen Einfluss auf die lokale Wirtschaft und ziehen viele Touristen an.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten bleibt die Fallas mit ihren monumentalen Skulpturen und der zentralen Rolle des Feuers ein einzigartiges Fest, das sich deutlich vom deutschen Karneval unterscheidet.
Politische und kulturelle Bedeutung
Die Fallas sind mehr als nur ein Fest. Sie bieten eine Plattform für sozialen Kommentar und Kritik. Die satirischen Darstellungen in den Fallas-Monumenten greifen oft aktuelle politische und gesellschaftliche Themen auf.
Das Fallas-Museum in Valencia bewahrt ausgewählte „ninots“ aus vergangenen Jahren auf. Diese Tradition, die in den 1920er Jahren begann, würdigt die Kunstfertigkeit und den Einfallsreichtum der Fallas-Künstler.
Wirtschaftliche Bedeutung
Die Fallas haben einen erheblichen Einfluss auf die lokale Wirtschaft Valencias. Sie ziehen jährlich Millionen von Besuchern an und generieren beträchtliche Einnahmen für den Handel, das Hotelgewerbe und die Gastronomie.
In den Spitzenjahren vor der Pandemie besuchten täglich fast eine Million Menschen die Fallas. Die Festlichkeiten tragen wesentlich zum Tourismus bei, der etwa 15 Prozent des BIP der Region ausmacht.
Die Fallas von Valencia sind ein einzigartiges Fest, das Tradition und Moderne, Kunst und Satire, Gemeinschaft und Individualität vereint. Sie sind ein lebendiger Ausdruck der valencianischen Kultur und ein Fest, das weit über die Grenzen Spaniens hinaus Beachtung findet. Während sie einige Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Karneval aufweisen, behalten die Fallas ihren unverwechselbaren Charakter, der sie zu einem der faszinierendsten Feste Europas macht.